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Nitrosativer Stress – Ursache und Motor einer Vielzahl von Multisystemerkrankungen

Paradigmenwechsel im Verständnis Chronischer Zivilisationskrankheiten

Die organbezogene Zuordnung klinischer Symptome kann bei kausaler Betrachtungsweise
biochemischer und molekularbiologischer Zusammenhänge nicht mehr aufrechterhalten werden.
Prof. Martin L. Pall und Dr. Bodo Kuklinski haben deutlich gemacht, dass chronische Erkrankungen
nahezu immer Teil von Multisystemerkrankungen sind, die in ihrer typischen Symptomenvielfalt als
Konsequenz von Nitrosativem Stress zu verstehen sind.

W. KERSTEN
Martin L. Pall, Professor für Biochemie an der Washington State University, und Dr. Bodo Kuklinski,
Facharzt für Innere Medizin und Umweltmediziner aus Rostock, ist die Erkenntnis zu verdanken, dass
chronische Erkrankungen in der Regel Bestandteil von Multisystemerkrankungen sind, die als
Konsequenz von Nitrosativem Stress und den dadurch ausgelösten erworbenen Mitochondriopathien
in ihrer typischen Symptomenvielfalt zu verstehen sind. Eine kausaleTherapie ist deswegen an den
Einsatz vielfältiger, differenziert ansetzender Antioxidanzien, Vitamine und Pflanzenstoffe und
zuvorderst an die Gabe von Megadosen von Vitamin B12 gebunden und erfordert deren langfristigen
Einsatz.
Die Entdeckung des Zusammenhangs zwischen Nitrosativem Stress und chronischen
Multisystemerkrankungen geht auf die Forschungen der letzten 10 bis 15 Jahre zurück, was auch
erklärt, dass diese Zusammenhänge noch weitgehend unbekannt sind.
Definition
Unter chronischem Nitrosativem Stress versteht man die vermehrte Bildung von iNO (induzierbarem
Stickoxid) und seinem oxidativen, weit aggressiveren Metaboliten Peroxinitrit [39, 40] nach der
Gleichung:
Stickoxid +
Der dabei entstehende biochemische Circulus vitiosus – Pall nannte ihn den NO/ONOO⎯-Zyklus ([53] S. 8-25) –, der komplexe zellschädigende Reaktionen zur Folge hat, kann durch verschiedene, nur kurz einwirkende, Stressoren ausgelöst werden. Selbst dann, wenn diese Auslöser längst abgebaut sind, bleibt dieser biochemische Teufelskreis bestehen und erklärt damit die Tatsache chronisch verlaufender Erkrankungen, wie z.B. das Chronische Müdigkeitssyndrom (CFS), die Fibromyalgie, die Multiple Chemikaliensensitivität (MCS) und viele andere Erkrankungen mehr. Physiologische Formen des NO haben folgende Funktionen:  Neuronales NO (nNO): wichtiger Neurotransmitter  Endotheliales NO (eNO): Transmitter für Gefäßerweiterung  Induzierbares NO (iNO): Immunregulator, von Immunzellen gebildet  Mitochondriales NO (mNO): Stoffwechselregulator für Synthese, Proliferation und Apoptose Wodurch kann der NO/ONOO–-Zyklus in Gang gesetzt werden?

Gesicherte Auslöser sind:
 virale, bakterielle und parasitäre Infektionen
 physische Traumata, besonders im Bereich des Halses und Kopfes
 Instabilitäten der HWS („tanzender Dens axis“) [78]
 schwere psychische Traumatisierungen
 toxische Belastung mit diversen Umweltgiften und Chemikalien (Insektizide, Pestizide,
Lösungsmittel, Schwermetalle, Farbstoffe und Konservierungsmittel etc.; [53], S. 4-8) Verstärkende Faktoren, die zur Dekompensation führen können:  starke geistige und körperliche Belastung  bakterielle und virale Infekte (30-fache Steigerung der NO-Bildung!)  Psychostress [48]  nitratreiche Ernährung (Geräucherte Nahrungsmittel, mit Kunstdünger belastete Nahrungsmittel)  Medikamente (Antibiotika, Statine [50], Nitrate, Potenzmittel, Arginin, Enalapril, -Blocker etc.) greifen direkt in die mitochondriale Funktion ein  kohlenhydratreiche Ernährung
 unverträgliche Nahrungsmittel
Das komplexe Netzwerk biochemischer Folgereaktionen

Die übermäßige Bildung von Stickoxid- und Peroxinitrit-Radikalen wirkt sich wie folgt aus:
 FeS-haltiger und Fe-haltiger Enzyme der mitochondrialen Enzymkomplexe in der Atmungskette
werden blockiert, es kommt zu einem sekundärem ATP-Mangel, durch Hemmung der Aconitase im Zitratzyklus mit daraus resultierendem Pyruvatstau. Durch den weitgehenden Ausfall der mitochondrialen ATP-Produktion wird das genetisch dafür vorgesehene „Notstromaggregat“, die anaerobe Glykolyse, aktiviert, die allerdings nur 1/16 der üblichen ATP-Menge liefern kann. Das Überwiegen der Glykolyse erhöht durch Steigerung der Mitose das Risiko der Entwicklung von Krebserkrankungen. Eine extreme Ermüdbarkeit und körperlich-geistige Leistungsschwäche ist die Konsequenz. NO-induzierte Mitochondriopathien erfassen alle Organsysteme, im Vordergrund stehen die energiebedürftigsten [56]. Das chronische Energiedefizit wird durch reichliche Kohlenhydratzufuhr verstärkt. Es können „ Fressnarkosen“ (massive Ermüdung nach reichlichen Mahlzeiten) auftreten. Leichtere Mitochondriopathien führen zur Gewichtszunahme, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II. Die nicht verwertbare Glukose wird in Fettsäuren umgewandelt, das C-reaktive Protein und das oxLDL-Cholesterin steigen! [56]  Es tritt eine vermehrte intrazelluläre Säurebildung (Laktazidose TypI I) mit weiterer Aktivitätsminderung verschiedener Enzyme ein. Sie zeigt sich in massiv erhöhter Laktat/Pyruvat-Ratio, die nicht über 10:1 liegen darf. Bei CFS finden sich in Ruhe Werte von 400–500: 1. Der erhöhte Energiebedarf wird versuchsweise durch anaerobe Glykolyse und Fettsäureoxidation kompensiert mit der Folge erhöhter Laktat-, Keton- und Alanin-Bildung. Massive Muskelschmerzen und -verhärtungen können auftreten. Training ist bei mitochondrial ausgelöstem „Fitness“-Mangel kontraindiziert , da es zu Steigerung der NO + Citrullinsynthese nach der Formel : Arginin + O2 → NO + Citrullin infolge der Aktivierung von NO-synthasen kommt.[56]  Proteine werden citrulliniert. Citrullinierte Peptide haben Antigencharakter und lösen Autoimmunopathien mit sekundären aseptischen Entzündungen aus. Antikörper gegen citrullinierte Peptide/Proteine sind heutzutage sicherstes Laborkriterium dür die Rheumatoide Arthritis [ ] Bei entzündlichen Arthralgien wurde auch citrulliniertes Fibrinogen nachgewiesen. [20]  NO aktiviert die COX-Enzyme, die Entzündungskaskade wird in zahlreichen Organen aktiviert. [56]  Die Blockade des Zitratzyklus und der Fettsäureoxidation führt zum Mangel an NADH2, der „Respiratory Burst“ von Makrophagen und anderen Entzündungszellen wird verhindert, chronischen Entzündungen der Boden bereitet. [54, 56]  Es entsteht vermehrter Oxidativer Stress (Bildung von Sauerstoffradikalen) mit sekundären Schäden der Zellkern-DNS, der mitochondrialen DNS und anderer Zellbestandteile. Die Blockade des mitochondrialen Elektronentransportes verwandelt Mitochondrien in „Freie-Radikale-Kanonen“. [56]  Die hepatische 7-Hydroxylase wird gehemmt, was zu einer Cholesterinerhöhung führt. Bei nicht erblichen Hypercholesterinämien sind nur 5% der übersteigerten Cholesterinbildung auf die Nahrungsaufnahme zurückzuführen! Cholesterin selbst hat antioxidative Eigenschaften. Statine verstärken die Mitochondriopathie oder sind Auslöser derselben. 50% der Behandelten leiden unter vermehrter geistig-körperlicher Erschöpfbarkeit, 25% davon behalten eine irreversible Mitochondriopathie. [50, 56, 79]  Proinflammatorischer Zytokine werden aktiviert, mit dem Resultat von sekundären, aseptischen Entzündungen im Bereich der Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder und der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen. ([53], S. 17-18, 84), [54, 58]  Es kommt zur Aktivierung diverser Rezeptoren des Zentralnervensystems (NMDA/N-methyl-D- Aspartat Rezeptorsystem) und von Vanilloidrezeptoren ([53], S. 44) mit sekundären neurologischen, psychischen und vegetativen Symptomen. Vannilloidrezeptoren finden sich in schmerzleitenden Bahnen und im Thalamus. Ihre Aktivierung erklärt die erhöhte Schmerzempfindlichkeit bei Fibromyalgie, CFS und MCS. [19, 23, 28, 31, 33, 41, 51], ([53], S. 39-43)  Die vermehrte NMDA-Rezeptoraktivierung kann durch massive Erhöhung des Kalziumeinstroms zur Zellapoptose führen (Parkinson, Alzheimer-Syndrom, Amyotrophe Lateralsklerose ) Bei allen drei Erkrankungen finden sich massive Anstiege von NO und Peroxinitrit. [1, 28, 41, 51, 56]  Durch Abbau entsteht ein Mangel an diversen Vitaminen (Vitamin C, B1, B2, B5, B6, B12, Vitamin E, Vitamin D, Folsäure), Mineralien und Spurenelementen (Selen, Magnesium, Zink) sowie Enzymen [90]. Vitamin B12 wird durch NO irreversibel zerstört, was die Anfälligkeit für neurologische Erkrankungen erklärt. Aus dem gleichen Grund ist B12 in Megadosen als direkter Scavenger von  Die Synthese von physiologischem neuronalen und endothelialen NO wird gehemmt, das assymmetrischen Dimethylarginin steigt an [37], damit kommt es zu einem erhöhten Gefäßerkrankungs- und Hypertonierisiko [2, 86] sowie einer Störung zentralnervöser Funktionen [31, 45, 84, 86]. Die Nitrosierung von Tyrosin blockiert die Jodbindung und führt zum Mangel an fünktionstüchtigen Schilddrüsenhormonen. Eine Hashimoto-Thyreoiditis kann die Folge sein. [56]  Peroxinitrit nitrosiert aromatische Aminosäuren und oxidiert SH-Gruppen. Es wirkt hochgradig neurotoxisch durch irreversible Hemmung der Mitochondrienfunktion, die maternal vererbt wird. Nitrotyrosin lässt sich früh in Axonen der Nervenbahnen nachweisen und induziert so toxische Neuropathien. [56]  Es kommt zu Störungen des Katecholamin-, Melanin-, Melatonin-, Tyrosin-, Tryptophan- und
Wie führen kurzfristige Auslöser zu chronischen Erkrankungen?
Wie ein einmaliger Virusinfekt, ein HWS-Trauma [78] oder gar eine schwere psychische
Traumatisierung ([53], S. 149-171) einen solchen Circulus vitiosus auslösen kann, erscheint zunächst
nicht verständlich. Erst wenn man durchschaut, wie eng und wie vielfältig die oben angesprochenen
biochemischen Prozesse miteinander vernetzt sind und wie sie sich gegenseitig verstärken, wird dies
deutlich:
1.
Peroxinitrit stimuliert jene Enzyme (Nitritoxidsynthasen), die wiederum zu einer vermehrten Bildung von Nitritoxid führen, eben dem Stickstoffradikal, aus dem durch Verbindung mit dem Superoxidradikal das stark toxische Peroxinitrit gebildet wird. Ein bakterieller oder viraler infekt aktiviert proinflammatorische Zytokine, die wiederum iNO-Synthasen aktivieren; iNO steigt an und wird zu Peroxinitrit, einem starken Oxidans, metabolisiert. Dies erhöht den Transskriptionsfaktor, der seinerseits proinflammatorische Zytokine und iNO erhöht. Der „Teufelskreis“ hat sich geschlossen. Peroxinitrit inaktiviert die manganhaltige Superoxiddismutase (SOD) in den Mitochondrien, die Superoxidwerte steigen an und fördern die vermehrte Peroxinitritbildung. [56] Abb. 1: Der NO/ONOO–-Zyklus. Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Martin L. Pall persönlich . http://molecular.biosciences.wsu.edu/faculty/old%20files/pall/pall_cfs.htm
Dies erklärt die Aufrechterhaltung eines chronisch fortbestehenden „biochemischen Teufelskreises“,
der in allen Zellen des Körpers, welche induzierbares NO bilden können, aktiviert werden kann. Dies
sind: Astrozyten und Neuronen, Endothelzellen, Muskelzellen (Myokard-, Skelett- und glatte
Muskelzellen), eosinophile Granulozyten, Makrophagen, Thrombozyten, Monozyten, Kupfersche
Sternzellen, Leukozyten, Fibroblasten, Keratinozyten, Hepatozyten, -Zellen des Pankreas,
Alveolarzellen, Retinazellen, Endometriumzellen, Mastzellen und Osteoblasten. So wird auch
verständlich, dass bei diesen Erkrankungen viele verschiedene Organe und Organsysteme – daher
der Begriff Multisystemerkrankung – gleichzeitig funktionsgestört sind und das übliche
Schubladendenken bei der Zuordnung von Symptomen zu definierten Organerkrankungen versagen
muss.
Der Symptomenkomplex ist interindividuell verschieden ausgeprägt

Die klinische Symptomatik bei Nitrosativem Stress tritt, abhängig von den auslösenden Stressoren,
von Konstitution und genetischer Disposition (z.B. Enzympolymorphismen) in unterschiedlicher
Verteilung, mit differenten Schwerpunkten und variabler Intensität lokal (Gehirn, Dünndarm, Gelenke
etc.) auf, was bisher die diagnostische Einordnung außerordentlich erschwerte. Letztendlich erklärt sie
sich aber immer als Folge der beschriebenen Mitochondriopathie, die alle Organsysteme erfassen
kann. Im Vordergrund stehen:
 Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen (neuronaler ATP-Mangel, Oxidativer Stress)
 Müdigkeit, frühzeitige Erschöpfung (mitochondriale Dysfunktion, Glykolyse)
 chronische Schmerzen (Laktazidose, Zytokinaktivierung, Vanilloidrezeptor-Aktivierung)
 Ängstlichkeit, Panikattacken (NMDA-Aktivierung in den Nn. amygdalae)
 Störung der Immunfunktion (ATP-Defizit, oxidative Schäden)
 Depression (Blockade des Serotoninstoffwechsels, Serotonin-Aktivitätskonzentration)
 Schlafstörungen (erhöhte proinflammatorische Zytokine, Störung des Melatoninstoffwechsels)
 Hypotone Kreislaufdysregulation (NO↑↑ – Gefäßrelaxation)
 Irritationen des Magen-Darm-Trakts (Refluxösophagitis durch NO-bedingte Cardiainsuffizienz etc.)
 Nahrungsmittelunverträglichkeiten (erhöhte Permeabilität der Darmschleimhaut)
 Hypoglykämien (Energiemangel der Zellen, Adrenalinmangel)
 Störungen des Hormonhaushalts (NO-bedingte Enzymblockaden)
Pall stellt folgende Erkrankungen als typische erworbene Mitochondriopathien vor:
 Fibromyalgie [38], ([53], S. 139-149),
 Chronic Fatigue Syndrom [26], ([53], S. 77-105),
 Multiple Chemical Sensitivity [15, 26, 27], ([53], S. 111-139) und
 die posttraumatische Belastungsstörung ([53], S. 149-159).
Für diese vier vermeintlich heterogenen Erkrankungsformen, die in Ihrer Symptomatik fließende Übergänge zeigen – Fibromyalgie und CFS sind in nahezu 50% der Fälle miteinander verknüpft – konnte Pall den Nitrosativen Stress als entscheidenden pathogenen Faktor dingfest machen. Er weist aber in seinem Buch Explaining unexplained Illnesses auch darauf hin, dass er weitere 14 Krankheitsformen in direkten Zusammenhang mit pathologisch erhöhter Stickoxid- und Peroxinitritbildung bringen konnte – darunter Asthma bronchiale, Alzheimer-Demenz, Parkinson-Syndrom, amyotrophe Lateralsklerose, Tinnitus etc. Nach Kuklinski [55, 56, 57, 78, 79, 80] werden inzwischen mit diesem biochemischen Teufelskreis, dem NO/ONOO–-Zyklus, die in Tabelle 1 genannten weiteren Erkrankungen in Verbindung gebracht. Sie müssen ebenso als erworbene Mitochondriopathien angesehen werden.  Fruktose-, Gluten-, Laktoseintoleranzen Tab. 1: Erkrankungen, die mit dem NO/ONOO–-Zyklus in Verbindung gebracht werden
Diagnostik
Eine gründliche Anamnese ist erforderlich, um ererbte (Hinweise auf Multisystemerkrankung der
Mutter) von erworbenen Formen (Antibiotika, Schadstoffexposition, HWS, Infekte etc.) zu
unterscheiden. Häufig finden sich schon im Kindesalter Infektanfälligkeit, Lern- und
Konzentrationsstörungen, Aufmerksamkeitsdefizitsyndrome (Citrullinerhöhung in fast allen Fällen
nachweisbar [55, 56]) und vorzeitige Ermüdbarkeit. Kinder von Müttern mit Typ-II-Diabetes haben eine
ererbte Mitochondriopathie und entwickeln wegen des gestörten Glukosemetabolismus Adipositas und
metabolisches Syndrom. [56]
Bei allen Patienten sollte undedingt eine Instabilität der HWS ausgeschlossen werden, da sie in 70 %
von 1900 Fällen , die Kuklinski untersucht hat, Ursache des diagnostizierten Nitrostresses ist [78] Dies
geschieht durch Röntgen -Funktionsaufnahmen nach Sanders und Funktions-MRT (Nachweis einer
bewegungsabhängigen Kompression des Subarachnoidalraumes, die zu NO-Krisen führen kann).
Statische Aufnahmen der HWS sind wenig aussagekräftig.
Weiter sind Otoneurologische Untersuchungen ( incl. akustischer, visueller und olfaktorisch evozierter
Potentiale ), eine Augenfachärzliche Untersuchung mit Gesichtsfeldkontrolle vor und nach Belastung
und evtl. SPECT- und PET-untersuchungen zur Messung der Glucoseaufnahme indiziert . Der
Baseler Radiologe A.Otte wies bei 400 HWS-Geschädigten ähnliche Durchblutungsstörungen wie bei
Alzheimer-Demenz nach. Nach Kuklinski ist diese Diagnostik deswegen erforderlich , weil nach seiner
Meinung die unbehandelte HWS-instabilität mit sekundärem Nitrosativen Stress die Ursache für
Demenzentwicklungen in der Zunkunft sein kann.[78]
Laboranalytik
Im Serum
Nitrotyrosin ↑ – S-100 ↑ – Coenzym Q10 ↓ – Carnitin ↓ – DNS-Oxidation ↑- proinflammatorische
Zytokine (Il-1, Il-6, Il-8, Il-12, TNF-, IFN-) ↑ , Laktat/Pyruvat-Ratio ↑, Neopterin ↑
Im Urin
Nitrophenylessigsäure ↑, Citrullin ↑, Methylmalonsäure ↑,
Zusätzlich
Nitrotyrosin im Serum , Neopterin , Mikronährstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente);
Glutathionsystem; Cystein; Thiole; Neurotransmitter wie Adrenalin, Noradrenalin, Serotonin,
Melatonin, GABA und Cortisol; evtl. Glutamat; Hormonstatus (Testosteron, Östradiol etc.);
Fettsäurestatus; Aminosäurestatus; ggf. zellulärer Immunstatus.
Umweltanalytik
Insektizide, Fungizide, PCB etc. – Schwermetallanalytik
Evtl. Genanalytik
Ausschluss eines genetischen Enzympolymorphismus (Zytochrom-P450-Familie, Glutathion-S-
Transferasen , N-Acetyltransferasen)
Die Zukunft in der Laboranalytik

Forscher der Universität Oxfort haben im Januar 2009 eine Arbeit über CFS ( Chronic Fatigue
Syndrom ) und Mitochondriale Dysfunktion veröffentlicht [92] , in der sie mittels eines neu entwickelten
ATP-Profile-Tests sehr genaue Aussagen über die folgenden 5 Parameter machen konnten und
dabei eine enge Korrelation zwischen Klinischer Symptomatik und den Testergenissen feststellen
konnten :
1.ATP-Konzentration in neutrophilen Granulozyten
2.ATP-Ratio ( ATP unter excess. und endogener Magnesiumkonzentration)
3.Effizienz der Oxidativen Phosphorylisierung
4.Direkte Messung der intramitochondrialen ATP Konzentration
5.Effizienz der Translokation von ADP in die Mitochondrien und der Translokation von ATP in das
Cytosol ,wo die Energie in Form von ATP gebraucht wird
Mit dem ATP-ProfileTest wird man in der Diagnostik und der Therapiekontrolle der
Mitochondriopathien in einem Ausmass vorankommen , das bisher kaum vorstellbar schien.
Denn damit wird es erstmals möglich sein, die absurde und menschenverachtende Psychiatrisierung
und das Abschieben von ernsthaft kranken Patienten in die Schublade „Psychisch krank“ ein für alle
Mal zu beenden !
Therapie
Nitrosativer Stress sollte unbedingt einer konsequenten Therapie zugeführt werden, da die Einwirkung
von Peroxinitrit zu irrevisiblen Schäden an den Mitochondrien, die maternal vererbt werden, führen
kann und der NO/ONOO–-Zyklus der Motor für die Entwicklung unterschiedlichster chronischer
Zivilisationserkrankungen ist.
Da das Wissen um diese Zusammenhänge noch nicht verbreitet ist, werden die notwendigen
Untersuchungen in der Regel nicht durchgeführt und den Patienten werden symptomorientierte
Medikamente verschrieben, die nicht selten den biochemischen Teufelskreis noch intensivieren. In
Unkenntnis der Forschungsergebnisse über den geschilderten biochemischen Teufelskreis oder
NO/ONOO–-Zyklus werden Patienten psychiatrisiert oder mit Verlegenheitsdiagnosen wie
„somatoforme Störung“ unverrichteter Dinge wieder nach Hause geschickt.
Die Therapie sollte zunächst alle Faktoren, die zu einer Steigerung des NO/ONOO–-Zyklus führen, vermeiden bzw. ausschalten. Dazu gehören:  nitrit- oder nitrathaltige Nahrungsmittel (Blatt- und Wurzelgemüse im Winter, Eisbergsalat und  Verunreinigungen in Salzen  geräucherte Nahrungsmittel  Tabak und Tabakrauch  mit Stickstoffdünger belastete Nahrungsmittel – stattdessen Nahrungsmittel aus biologisch  unverträgliche Nahrungsmittel  Glutamat und Aspartat als Nahrungsmittelzusätze  kohlenhydratreiche Ernährung – (max. 20% Kohlenhydrate, dafür 50–60% Fett und 20–  Kosmetika  Trockenmilch  Medikamente wie: Antibiotika (Tetrazykline, Erythromycin, Amoxicillin, Trimethoprim), Statine, Zytostatika, platinhaltige Medikamente, Langzeitnitrate, Arginin, Potenzmittel, Ciclosporin, Antihypertonika wie Enalapril und viele mehr  extremer Psychostress  körperliche Belastungen (Jogging oder Fitness-Center sind kontraindiziert) Chronische Herde (Zähne!) sollten unbedingt saniert, Chemikalienbelastungen (Sick-Building-Syndrom) ausgeschaltet werden. Langfristige entgiftende Maßnahmen können den Nitrosativen und Oxidativen Stress entscheidend reduzieren! Der Ausgleich von häufig vorzufindenen Mangelzuständen an Mineralien, Spurenelementen, Vitaminen, Fettsäuren oder Aminosäuren (Kalium, Magnesium, Kalzium, Vitamin B1, B2, B3, B5, B6, C, E, D, A, Zink, Selen, Kupfer, Mangan, Omega-3-Fettsäuren, Cystein, Carnitin, Coenzym Q10
,Tryptophan und besonders Glutathion [15, 18]) sollte parallel zu einer gezielten Anwendung von
Substanzen, die den NO/ONOO–-Zyklus herunterfahren können, eingeleitet werden (Tab. 2).
Mikronährstoff Wirkung
Dosierung
Vitamin B
Am besten als Hydroxycobalamin; Scavenger von schweren CFS- und Fibromyalgie-Syndromen bis zu 20 mg /Woche, anfangs am besten i.v. oder i.m. -Liponsäure
Hoch wirksames Antioxidans, Scavenger von Peroxinitrit, freien Radikalen, Superoxid, Peroxylradikalen und toxischen Schwermetallen. Glutathion
Bedeutendstes Antioxidans und Reduktionsmittel, das zudem in Form der Glutathion-Tranferasen entscheidend zur Entgiftung von Medikamenten und Xenobiotica (toxischen Fremdstoffen) beiträgt; hemmt die Aktivität von NF-B, inaktiviert das 1- bis 2-mal/Woche i.m. Von oralen Präparaten wird wegen unsicherer Resorption eher abgeraten. Bioflavonoide
Pflanzenfarbstoffe, die bakterizide und viruzide Wirkung haben; reduzieren die NF-B-Aktivität, schützen Vitamin C und andere Antioxidanzien vor der Oxidation und erhöhen so deren antioxidative gefäßabdichtende und kapilarerweiternde Wirkung ist bes. in Fällen mit proliferativer Retinopatie ( Diabetes mell. Und Makuladegeneration ) von grossem Wert. Die Flavonoide aus grünem Tee neutralisieren Peroxinitrit, Stickoxid und Superoxid Wirkt durch seine SH-Gruppe antioxidativ und bindet Schwermetalle; erhöht die Produktion von Magenunverträglichkeit) oder 1 bis max. 6–10 Amp. a 300 mg i.v. 3 x /Woche. Curcumin
Ein den Bioflavonoiden ähnliches, polyphenoles, hoch wirksames Antioxidans; reduziert NF-B- Aktivität, stimuliert die Synthese von reduziertem Glutathion und ist ein potenter Fänger von Peroxinitrit. Kann wie die Superoxiddismutase (SOD) Superoxid neutralisieren. Beimengung einer Prise von schwarzem Pfeffer erhöht die Resorption Vitamin B
Wichtiger Cofaktor der Glutamatdecarboxylase, die den aktivierenden Neurotransmitter (NT) Glutamat Aminobuttersäure) umwandelt. Bei erhöhter NMDA- Aktivität durch iNO- und Peroxinitritstimulation entsteht eine erhöhte Glutamatbildung, die durch erhöhten Kalziumeinstrom bis zur Zellapoptose führen kann. Vitamin B6 kann die Neurone vor dieser zerstörenden Wirkung des Glutamat durch Anhebung der GABA – synthese schützen. Vitamin B
Riboflavin aktiviert den Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsel und wirkt damit dem Energiedefizit 100 mg. bei Nitrosativem Stress entgegen. Es ist wichtiger Cofaktor der Glutathion-Reduktase und erhöht somit den Spiegel an reduziertem Glutathion. Von besonderer Bedeutung ist die Synthese einer flavinabhängigen Flavoproteinmonooxygenase, die Xenobiotika, Insektizide und Medikamente aus ihrer Zell-Bindung lösen kann. Vitamin B2 trägt somit entscheidend zur Entgiftung dieser ansonsten biologisch nicht abbaubaren Stoffe bei. Folsäure
Hemmt die Peroxinitrit – Bildung durch Verminderung der NOS-abhängigen Superoxidsynthese. Magnesium
Senkt die Aktivität der NMDA-Rezeptoren. Fibromyalgie, hier vor allem Schmerzreduktion. Es ist essenziell für die Funktion von über 300 Enzymen und wird bei Stress vermehrt über die Nieren ausgeschieden. Eine aus der Aminosäure Cystein vom Körper selbst hergestellte antioxidative Aminosäure mit immunstärkender Wirkung. Taurin senkt den intrazellulären Kalziumspiegel und damit die vermehrte NO-Bildung. Melatonin
Eines der herausragenden antioxidativ und neuroprotektiv wirkenden Hormone, das in 5 mg/kgKG) Zellen vor der Apoptose schützt [95]ROS neutralisiert und noch dazu durch Genaktivierung zu einer vermehrten Produktion von Dosierungen von antioxidativen Enzymen wie GSH, SOD und Katalase führt [96] Melatonin neutralisiert das gefährliche Hydroxylradikal, Peroxinitrit, NO, Superoxidanion, Carbonate und vereinzelte organische Radikale. Es schützt die Komplexe I und IV der Atmungskette und erhöht damit die ATP- Produktion. Es ist nachweislich wirksam bei Vitamin C
Ascorbinsäure, eines der zentralen Antioxidanzien mit einer Vielzahl wichtiger weiterer Funktionen. Auf 5 g (Fairvital Vitamin C die natürliche Zubereitung (Extrakt aus Sagopalme) 1.000-mg-Tabl.) Höhere der Präparate ist zu achten. In Kombination mit Bioflavonoiden um den Faktor 30–50 effektiver. Entgiftungs-reaktionen nur unter ärztl. Überwachung; einschleichender Beginn! Anfangs auch als Infusion (7,5–25 g) sehr hilfreich. Vitamin C ist auch in Höchstdosen völlig atoxisch. Vitamin E
Sammelbegriff für vier Tocopherole und vier Tocotrienole. Hier meist als -Tocopherol vertrieben; besonders wichtig zur Verhinderung der Lipidperoxidation der Zellmenbranen. Hat entzündungshemmende Wirkung, kann in Hochdosen Diclofenac ersetzen, wirkt ebenso immunstimulierend und neuroprotektiv. Sollte immer in Kombination mit Vitamin C eingenommen werden, da dieses das „radikalisierte“ Vitamin E reaktivieren kann. Kann Anfangsstadien der Arteriosklerose zurückbilden und ist eines der wichtigsten Präventivmedikamente gegen Gefäßerkrankungen und neurodegenerative Erkrankungen. Wichtiges Spurenelement, das als Bestandteil des Glutathion und der von ihm abgeleitenden Enzyme die Entgiftung toxischer Medikamente und Umweltgifte und Neutralisierung diverser Radikale unterstützt. Bindet toxische Schwermetalle, wirkt immunstimulierend. Der Serumspiegel sollte bei 200 µg/l liegen. Oral am besten als Selenmethionin, Anfangs auch als wegen der Kombination mit einer organischen Superoxiddismutase, die Superoxid,ein Radikal, das zusammen mit NO Peroxinitrit ergibt, neutralisiert. Immer vorherige laborchemische Serumkontrolle, auch unter Therapie, da erhöhte Blutspiegel kontraproduktiv wirken. Als Zinkorotat Omega-3-
Fettsäuren
(Nitritoxitsynthase), wirken entzündungshemmend, Gefäßerkrankungen, sind wichtig für die geistige Entwicklung von Kindern, haben dementsprechend eine schützende Wirkung gegenüber der Alzheimer-Erkrankung, reduzieren die Schlaganfallhäufigkeit, wirken positiv bei AHDS. Coenzym Q10
Schlüsselenzym im Komplex I der Atmungskette, die die Energie für die Zelle bereitstellt Somit stabilisiert es die gestörte Atmungskette und wirkt Hochdosistherapie mit Coenzym Q10 von 1.200 mg/Tag führte nach 16 Monaten zu 44% Rückgang an geistigem und körperlichem Abbau bei Parkinson-Syndrom [99]Sinnvoll auch bei Herzinsuffizienz und zwingend erforderlich bei Statintherapie. L-Carnitin
Mitochondrienmembran und fördert dadurch die gestörte Energie-(ATP-)Produktion. Wird im Stoffwechsel aus Lysin und Methionin hergestellt und benötigt als Cofaktoren Vitamin C, B6, Niacin und Eisen. Bei Mangel an diesen Cofaktoren kann also auch Carnitin erniedrigt sein. Wird hauptsächlich über Fleisch aufgenommen; fördert den Fettabbau; reduziert die Radikalproduktion und schützt die Muskulatur vor Schäden bei starken Belastungen. Nikotinamidadenindinukleotid ist ein wichtiger Energielieferant in der Atmungskette mit antioxidativer Wirkung und kann die pathologisch reduzierte Mitochondrienleistung verbessen. Es liefert die nötigen Redoxäquivalente (Protonen) zur Produktion von ATP. Die Einnahme von 5–20 mg NADH führte zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik bei 80% von 885 Patienten mit Parkinson-Syndrom [102]
Tab. 2: Mikronährstoffe zur Therapie bei Nitrosativem Stress
Diese Auflistung ist sicher nicht komplett, so können Chlorella-Algen und Bärlauchpräparate (SH-
Gruppen) wegen ihrer antioxidativen und gleichzeitig entgiftenden Wirkung ebenso eingesetzt werden
wie die Katzenkralle, eine südamerikanische Pflanze mit hemmender Wirkung auf den
Entzündungsmodulator NF-B und immunstimmulierender Wirkung (Steigert die Phagozytoseleistung
der Granulozyten und Makrophagen). Das Reservoir an weiteren hilfreichen Naturprodukten ist damit
noch nicht erschöpft und wird in Zukunft durch gezielte Forschung sicher noch erweitert werden.
Im therapeutischen Einsatz kommt es, abhängig von der Beschwerdesymptomatik und Intensität der
jeweils vorliegenden Erkrankung, auf eine individuelle Auswahl und eine den Laborbefunden
angepasste Medikation an. In schweren Fällen von MCS, Fibromyalgie oder CFS ist nur die
kombinative Therapie von 10 bis 18 Substanzen Erfolg versprechend. Auch bei anfänglicher
Infusionstherapie dauert es 3 bis 6 Monate, bis der NO/ONOO–-Zyklus heruntergefahren ist.
Sollten zentralnervöse Symptome im Vordergrund stehen, halte ich Melatonin für das potenteste
Mittel – immer in Kombination mit anderen Substanzen, die die pathologisch erhöhte NMDA-
Rezeptoraktivität herabsetzen können.
Wenn entzündliche Vorgänge im Vordergrund stehen, sind besonders jene Substanzen einzusetzen,
die die Aktivität von NF-B herabsetzen: Glutathion, Vitamin B3, Vitamin B5, Bioflavonoide, Curcumin
und Katzenkralle.
Zur Verbesserung der Mitochondrienfunktion sind einzusetzen: Coenzym Q10, L-Carnitin,Vitamin
B2 und NADH.
Natürlich müssen vorab die oben genannten Einschränkungen beachtet werden, die Ernährung ist konsequent auf sogenannte LOGI-Kost (Low Glykämic Index) umzustellen und körperliche und geistige Belastung sind den gegebenen Möglichkeiten anzupassen. Besonders wichtig ist es darauf zu achten, dass Medikamente, die den Krankheitsprozess fördern können, unbedingt gemieden werden. Wer sich in die Thematik einarbeiten will, sollte unbedingt die Bücher von Martin L. Pall [53], David S. Bell [71] und Bodo Kuklinskli [78] lesen. Besonders wird auf die herausragenden Übersichtsarbeiten von Bodo Kuklinski verwiesen, die man sich unter www.dr-kuklinski.info herunterladen kann. dcs
Dr. med. Wolfram Kersten
Facharzt für Innere Medizin
Naturheilverfahren
Panzerleite 82
96049 Bamberg
praxis.dr.kersten@t-online.de
Literatur

[1]
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