Psychiatrische versorgung aus der sicht eines praktikers
Gemeindenahe psychiatrische Unterstützung und Versorgungsstrukturen aus der Sicht eines Praktikers (Dr. Matthias Heißler) Die Behandlung des Patienten soll in der am wenigsten restriktiven Behandlungsform erfolgen, auch im Hinblick auf die Sicherheit von Anderen. Außerdem wird ein partnerschaftlicher Umgang mit dem Patienten gefordert: Jeder individuelle Behandlungsplan soll mit dem Patienten diskutiert werden, nach dem Prinzip der am besten zur Verfügung stehenden Behandlungs- und Versorgungsform und der Übereinstimmung mit den ethischen Prinzipien für Medizin. Ziel ist die Förderung der persönlichen Autonomie des Patienten. Die Behandlung durch die Klinik soll möglichst freiwillig sein und in der gleichen Weise erfolgen wie Bürger ansonsten klinisch behandelt werden. Jeder Patient soll, wenn irgendwie möglich in der Gemeinde, in der er lebt, in der Nähe von seinen Angehörigen und Freunden behandelt werden. Damit wahrt man auch das Selbstbestimmungsrecht des Kranken, das aus dem Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit hervorgeht. Zwangsmaßnahmen dürfen nur als letztes Mittel erfolgen, wenn alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Nach diesen ethischen und rechtlichen Standards, die den „Prinzipien zum Schutz von Personen mit psychischen Erkrankungen“ der Vereinten Nationen, dem Grundgesetz, der Madrider Erklärung von 1996 sowie der UN-Behindertenkonvention entnommen sind, müsste Home-Treatment als elementarer Bestandteil psychiatrischer Versorgung auf der Stelle in Deutschland eingeführt werden. Im Unterschied zu Deutschland gehört Home-Treatment in den meisten anderen Ländern der Welt, z. B. in England, den skandinavischen Ländern, den Niederlanden, Australien, Neuseeland, den USA, Italien, Belgien zu den elementaren Bestandteilen psychiatrischer Standardversorgung. Psychiatrie, wie wir sie zurzeit bei uns noch betreiben, stößt an ethische und rechtliche Standards, angemahnt durch verschiedene Urteile von Bundesgerichten. Daran wird auch PEPP nichts ändern. PEPP bietet keine Alternative zur stationären Aufnahme, PEPP fördert im Gegenteil sogar exklusive Behandlungsmaßnahmen. Nicht wenige befürchten mit PEPP sogar eine Renaissance der „Heil-und Pflegeanstalt“ im modernen Gewand, Blankenburg (Bremen) reloaded. Außerdem fordert PEPP viele Fälle und dafür müssen die Patienten herhalten. Mickich hat das als Enteignung der Gesundheit auch für den somatischen Bereich treffend beschrieben Warum soll ein Patient zwangseingewiesen werden, wenn er mit Home- Treatment auch zuhause behandelt werden kann? Durch Aufsuchen der Patienten im Lebensfeld lässt sich die Behandlung für den Patienten und seine Bezugspersonen gewaltärmer, angenehmer, effektiver und mit nachhaltigerer Wirkung gestalten. Außerdem wird dadurch automatisch Inklusion gewährleistet. Erforderlich ist ein mobiles Kriseninterventionsteam, das binnen 24 Stunden im Lebensfeld des Patienten tätig wird. Die Teams müssen in der Lage sein, schnelle und verlässliche Hilfe zu gewährleisten. Unverzichtbar ist ein Arzt als Mitglied eines multiprofessionellen Teams (Folie).
In Geesthacht haben wir vor fünf Jahren eine Station in ein Home-Treatment-Team mit teilstationärem Appendix verwandelt, eine Tagesklinik, die 7 Tage die Woche auf hat. Mittlerweile gibt es 4 mobile Kriseninterventionsteams, die Patienten ab dem 18. Lebensjahr aus dem gesamten diagnostischen Spektrum der Psychiatrie behandeln, Menschen mit psychischen Erkrankungen im engeren Sinn, über Suchtkranke bis hin zu alten Menschen, einschließlich Menschen mit dementieller Entwicklung. Ein Mitarbeiter des Teams hat in der Klinik den Dienstpieper. Er entscheidet über Home-Treatment oder stationärer Aufnahme. Im Dienst der Kriseninterventionsteams stehen auch 4 dezentral gelegene Tageskliniken, darunter eine psychosomatische Tagesklinik, die Einzige in Schleswig-Holstein, der wir mittlerweile ebenfalls Home-Treatment beibringen, um zu erreichen, was auch schon Jakob bzw. Thure von Uexküll und Viktor von Weizsäcker vorgeschwebt hat: Der Ort des Lebens soll Ort der Behandlung sein. Durch diese Umstrukturierung brauchen wir für die Versorgung der 188.000 Einwohner des Kreises mittlerweile nur noch eine Station.
Die Zahl der stationären Behandlungstage sind während der letzten 5 Jahre von 18.000 auf unter 8.000 gefallen. Durchschnittlich ist die Station mit 20 Betten belegt. Wenn Patienten auf die Station eingewiesen werden müssen, nehmen die Mitarbeiter der zuständigen Kriseninterventionsteams Kontakt zu ihnen auf und überführen so bald wie möglich die Behandlung in das Lebensfeld. Die Verweildauer beträgt unter 7 Tage, wenn auch Patienten auf der Station sind, die fast ein Jahr, genau 344 Tage dort behandelt werden müssen (Folie). Dieses Behandlungssetting wahrt Inklusion in hohem Maße und greift zum Mittel der Exklusion nur noch dann, wenn unbedingt nötig.
Einige sagen, dass so was nur im ländlichen Bereich möglich ist. Mobile Kriseninterventionsteams oder wie sie im Englischen heißen Crisis-resolution-Teams, wurden jedoch in Sydney (Hoult, J.) erfunden, haben sich in Birmingham und London bewährt und wurden in North Islington durch eine vergleichende Untersuchung mit South Islington wissenschaftlich „geadelt“ (Johnson,S; Nolan,F…). Nachdem sich herausgestellt hatte, dass Crisis-resolution-Teams in hohem Maße stationäre Behandlungszeit einsparen, wurden sie z. B. flächendeckend in England eingeführt. Bedenken machte damals eher, ob sie im ländlichen Bereich genauso gut wirken, wie in der Stadt. Nach der Schließung einer Station und Umwandlung dieser Station in ein Kriseninterventionsteam mit angeschlossenem teilstationärem Bereich, sind wir davon ausgegangen, dass die verbliebenen Stationen überquellen, die Konzentration von besonders schwierigen Patienten zu einer unerträglichen Gesamtatmosphäre führt und die Zahl der Fixierungen und Zwangsbehandlungen tendenziell eher zunimmt. Dies ist jedoch nicht eingetreten. Obwohl alle psychisch Kranken des Kreises mit und ohne zwangsweise Einweisung auf diese einzig verbliebene Station müssen, ist die Station mittlerweile zunehmend wieder offen, z. B. während der letzten 14 Tage ununterbrochen und die Zahl der Suizide tendiert seit ca. 5 Jahren gegen Null. Üblich ist – und so war es auch bei uns vorher – dass pro tausend Aufnahmen 1 -2 Patienten sich suizidieren.
Auch die Anzahl der Tage, an denen die Patienten zwangsweise untergebracht sind, ist rückläufig. Während vor Etablierung der mobilen Kriseninterventionsteams ca. 100 Patienten jährlich zwangsweise eingewiesen wurden und diese Patienten auch tatsächlich bis zum Ende des richterlichen Beschlusses auf der Station verblieben, werden seit ca. 5 Jahren nur noch 50 – 60 % tatsächlich zwangsweise auf der Station behandelt und wenn, dann kürzer als vorher. Bei den verbliebenden 40 – 50 % wird die zwangsweise Unterbringung nicht umgesetzt und viele werden kurz nach der stationären Aufnahme aus der stationären Behandlung wieder entlassen und über das mobile Kriseninterventionsteam zuhause weiter begleitet. Allein dieses Faktum begründet rechtlich und ethisch die Notwendigkeit der flächendeckenden Einführung von mobilen Kriseninterventionsteams. Einige behaupten vollmundig, dass bei einer durchschnittlichen Verweildauer von unter 7 Tagen die Wiederaufnahmen ansteigen. Die das sagen haben anscheinend ihren kommunalen Bereich während der letzten Jahre so vernachlässigt, dass er unterentwickelt ist oder nicht tragfähig. Bei uns konnte auf jeden Fall diese Behauptung nicht bestätigt werden. Die Zahl der Wiederaufnahmen ist während der letzten 5 Jahre nicht gestiegen, sondern um 1-2 % gesunken. Ca. 72 % der Patienten im Jahr werden nur einmal auf der Station gesehen. Während der letzten 5 Jahre sind also die Wiederaufnahmen, vorsichtig formuliert, tendenziell eher zurückgegangen. Zwischen Krankenhauspsychiatrie und kommunaler Psychiatrie hat sich ein neues stabiles Gleichgewicht eingestellt (im Englischen wird die Notwendigkeit der Verbindung bzw. Verschränkung von Strukturen und Haltung durch das Wort Care verdeutlicht (a new Balance between Hospital and community Care). Um aber auf Betten und Station verzichten zu können, braucht es selbstverständlich vergleichbare haltgebende Strukturen im kommunalen Bereich. Notwendig sind gewissermaßen Metamorphosen, wie sie von Ovid so wunderbar beschrieben wurden.
(Gestalten in neuen Formen will ich besingen)
Ohne eine Vielzahl von haltenden Elementen im kommunalen Bereich, kann ein Wandel nicht gelingen. Und auf diesem Weg gibt es wie immer einige Überraschungen. Leben braucht mehr als mobile Kriseninterventionsteams bzw. Leben braucht mehr als Therapie. Z. B. Arbeit oder eine Tätigkeit. Jeder Mensch will notwendig sein, jeder Mensch will für andere Bedeutung haben, jeder Mensch will in seinem Sein und Wirken beantwortet werden. Deshalb haben wir angefangen, Betriebe und Firmen in unseren Behandlungsplan mit einzubeziehen. Während wir früher dachten, Firmen sind ausschließlich auf Gewinnmaximierung ausgerichtet, haben wir jetzt den Eindruck, dass viele Vorgesetzte und Mitarbeiter mithelfen wollen, dass es dem Kollegen wieder besser geht. Es gibt Vorgesetzte, die dabei geradezu zu Co-Therapeuten werden, ohne dass ihnen das explizit bewusst wird.
Ein Teil der Patienten (5-10%) ist jedoch derart vulnerabel, störanfällig und irritierbar, geprägt durch den chronischen Verlauf ihrer Erkrankung, dass sie zumindest unter unseren derzeitigen Bedingungen nicht auf dem Ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Für sie und für so genannte herausfordernde Patienten haben wir dezentral eine „Zuverdienstlandschaft “ aufgebaut (Folie). Üblicherweise bestehen diese Zuverdienstfirmen aus einem Cafe, einem Second-Hand-Shop gekoppelt mit industriellen und handwerklichen Dienstleistungsbereichen. Über das Erledigen und Abarbeiten von Aufträgen entsteht so was wie eine „tätige Gemeinschaft“, Bürger, die miteinander arbeiten, sich dabei gegenseitig unterstützten und tragen. Als Alternative zum Zuverdienst könnte sich in den nächsten Jahren auch ein Vorgehen herausstellen, das in Vorarlberg/Österreich von „Spagat“ praktiziert wird: Statt „beschütze“ Arbeitsplätze sucht der dortige Verein in jedem Fall passende Arbeitsmöglichkeiten auf dem 1. Arbeitsmarkt. Jedoch geht es dabei nicht darum, dass behinderte Menschen dieselben Leistungen wie nicht behinderte Menschen erbringen müssen, sondern vor allem um Teilhabe an Arbeit orientiert an dem individuell Möglichen. Das können 40 Stunden die Woche sein oder auch nur 5 Stunden. Wichtig ist eine Tätigkeit im Kontext einer für alle Bürger zugänglichen Arbeitslandschaft. So oder so: Arbeit ist gerade nach unserer Erfahrung im HT der wichtigste Normalisierungs-beschleuniger. (z.B.: Tanzlehrer.; Herr G., Mas., Frau Dr. W. u. F.). Mittlerweile gibt es bei uns sogar einen Pflegedienst - „Pflege nach Mass“ -, der in der Mehrzahl der Mitarbeiter von Ex- / In-lern getragen wird. Angefangen hat es mit der Gründung eines Selbsthilfevereins, „Miteinander-Füreinander“, dem es nach kurzer Zeit gelungen ist, ein Cafe als Treffpunkt, als Zuverdienstarbeitsplatz und als Ausgangspunkt für Krisenintervention in eigener Sache auf die Beine zu stellen. Daraus hat sich der sogenannte „Peer-support“ entwickelt. Ex-/In-ler aus dieser Gruppe unterstützen andere zu Hause, auf der Station, in der Tagesklinik oder den Pflegedienst bzw. sind, wie erwähnt, Mitarbeiter desselben mit einem entsprechenden sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag in unterschiedlichem Umfang. Zuverdienst im Kontext einer tätigen Gemeinschaft ist zurzeit noch unverzichtbar. Kollegialität am Arbeitsplatz ist im Sinne von Inklusion jedoch in jedem Fall zu bevorzugen. Noch dringender als junge Menschen brauchen jedoch alte Menschen mobile Teams: Kein Mensch will im Alter mit 70, 80, 90 Jahren noch auf eine psychiatrische Station, wenn ihm das bisher in seinem Leben erspart geblieben ist. Er und seine Angehörigen schämen sich, fürchten Stigmatisierung, was den Behandlungsbeginn zusätzlich hinauszögert. Außerdem reagieren gerade alte Menschen, insbesondere mit dementieller Entwicklung, sehr vulnerabel auf Veränderungen des Alltäglichen. Häufig bringen schon geringe Veränderungen im Alltag die gerade noch ausbalancierte Alltagsroutine aus dem Gleichgewicht, mit schwerwiegenden Folgen, wie Desorientiertheit, Verwirrtheit oder Delir ähnlichen Symptomen. Gerade also bei alten Menschen muss jeder Behandlungsplan Exklusion vermeiden und unter allen Umständen Inklusion gewahrt werden.
Allerdings ist die Behandlung eines Patienten im häuslichen Umfeld trotz der Potenz eines mobilen Kriseninterventionsteams nicht ausreichend. Leben ist mehr als alle Theorie und das Leben braucht mehr als Therapie. Man muss den Kontext der Familie, den sozialen Raum bei der weiteren Behandlung mit einbeziehen. Im sozialen Raum findet man die Valenzen vor, die die Potenzen eines Patienten und seiner Familie zur Entfaltung bringen können bzw. zumindest erhalten können. Dazu folgende Idee: Die Extended Mind Forschung hat ergeben, dass das Gehirn einem Menschen nicht „gehört“. Das Gehirn ist ein Beziehungsorgan (Fuchs,Th.). Der Mensch denkt über seinen Körper, der wiederum als Akteur im Feld auf Feedback und Feedforwardprozesse des Lebensfeldes reagiert. Vereinfacht gesagt: Zu Beginn unseres Lebens ziehen wir uns alles aus dem sozialen Umfeld „herein“, versuchen dabei Muster und Regelmäßigkeiten mithilfe unseres Gedächtnisses zu merken und zu entdecken, um im Leben besser zurechtzukommen. Angesichts der demografischen Entwicklung und angesichts der Aussicht, dass jeder von uns im Alter dement werden kann, sollten wir ab der Mitte unseres Lebens zunehmend die Strukturen, die uns bisher Halt und Orientierung gegeben haben, durch Strukturen im Umfeld substituieren, damit die uns dann halten, wenn Gehirnzelle um Gehirnzelle ihren Dienst versagen. Vereinfacht gesagt: Aus „psycho“ muss wieder „sozio“ werden! Bei Nachlassen des Gedächtnisses werden uns unser Partner, unsere Familie oder unsere Kollegen helfen, die Lücken zu kompensieren, später vielleicht auch das i- Phone oder andere Navigationssysteme. Im weiteren Verlauf sind wir auf verlässliche Strukturen in unserem Stadtteil und Dorf angewiesen, Tante-Emma-Läden in unserer Nähe, Pflegedienste, usw. Wenn uns das Gedächtnis weiter verlässt und wir eine Begleitung rund um die Uhr brauchen, sind ambulante Wohnpflegegruppen, in denen rund um die Uhr begleitet werden kann, notwendig, auch, weil über 90% der Bürger nicht in ein Heim wollen, auch wenn sie dement werden. Außerdem haben Heimbewohner eine signifikant geringere Lebenserwartung als alte Menschen mit dementieller Entwicklung, die zu Hause versorgt werden (Folie: Stat. Bundesamt: Mediane Überlebenszeit in Pflegeheimen: 29,2 Monate, zu Hause 55,5 Monate). Solche ambulanten Wohnpflegegruppen, besser als Haushaltsgemeinschaften zu bezeichnen (Dörner, Bertelsmannstiftung, Kuratorium dt. Altershilfe), werden hier und da von Angehörigen gegründet. Damit sie jedem flächendeckend zur Verfügung stehen, braucht es aber die Initiative einer psychiatrischen Abteilung, eines Pflegedienstes oder vielleicht sogar eines Heimes. In unserer Region brauchen wir bis 2030 überschlagmäßig mindestens 100 ambulante Wohnpflegegruppen. Deshalb sind wir seit einigen Jahren ständig auf der Suche nach geeigneten Häusern und Wohnungen, jedoch nicht nur für alte Menschen mit dementieller Entwicklung, sondern auch für jüngere, die ein „zu Hause“ brauchen. Sobald wir eine Immobilie gefunden haben, bauen wir mit dem vor Ort tätigen Pflegedienst eine Haushaltsgemeinschaft auf, auch als Kristallisationspunkt für die kommunale Versorgung im zuständigen Stadtteil oder Dorf herum. Für jüngere psychisch kranke Menschen organisieren wir ausgehend von der Wohnung eine flexible Assistenz für den Alltag und für die Arbeit. Dieses formale und inhaltliche Vorgehen bezeichnen wir als „Immobilientherapie“. In New York, Montreal und anderswo wird es „housing first“ genannt. Hier wie dort wurde die
Erfahrung gemacht, dass eine eigene Wohnung alle anderen Dinge leichter macht, ganz abgesehen davon, ob jemand psychotisch, abhängig, dement oder obdachlos ist. Deshalb „Immobilien-Therapie“. An diesen Beispielen können Sie erkennen, dass wir den Sozialraum als Ressource nutzten, um Menschen mit psychiatrischer Symptomatik entsprechend passende Nischen zur Verfügung zu stellen. Schon bevor ein Fall zu einem Fall wird, sollten wir uns deshalb im Sozialraum nach Gelegenheiten und Beziehungen umschauen. Dies nennt man fallunspezifische Arbeit. Wenn wir später dann für einen Patienten und seine Bezugspersonen passende Antworten für „unmögliche“ Situationen brauchen, haben wir etwas auf Lager: Wir haben uns im Vorweg in die Lage versetzt, Gelegenheiten ausfindig gemacht und Beziehungen hergestellt, die aktuell genutzt werden können, um zu lösen. Die Aktivierung des Sozialraumes, insbesondere des sogenannten 3. Sozialraumes (Dörner), trägt dadurch dazu bei, stationäre Aufnahmen zu vermeiden und Krisen eine Chance zu geben, weil wir passende Antworten abrufbar „auf Lager“ haben. Die Psychiatrie wie wir sie kennen, hat sich in diesem Prozess verändert. Weil uns sonst nichts Orginelleres einfiel, haben wir sie durch das Präfix post- in eine Post- Psychiatrie verwandelt: In einer konventionellen Psychiatrie müssen Patienten ihren Kontext, ihr zu Hause verlassen, um Hilfe im Krankenhaus nachzufragen. In einer Post-Psychiatrie verlassen psychiatrisch Tätige ihren Kontext, die Klinik, während die Patienten in ihrem Lebensfeld verbleiben können. Post-Psychiatrie ist nicht gleichzusetzen mit einer paradiesischen Psychiatrie, aber Post-Psychiatrie öffnet den Weg, um zum Ort des Lebens der Patienten zu kommen, an dem Spannungen, Unbehagen, Disharmonien (Bleuler, M.) oder Inkonsistenzen (Grave,K.) in Leid und Krankheitssymptome umschlagen bzw. ausgedrückt werden. Die Symptome gehören jedoch dem Patienten nicht gänzlich alleine, sondern der Patient ist Teil eines zusammenhängenden Beziehungssystems und drückt lediglich die Disharmonien und Inkonsistenzen des Ganzen aus. Wenn der Patient und seine Bezugspersonen auf die anhaltenden Spannungen keine passende Antwort finden, werden auch psychiatrisch Tätige als potentielle Antwortsucher dazu geholt. Bei der Antwortsuche werden im Kontakt mit dem Patienten und seinen Bezugspersonen solange die verschieden Räume im Lebensbereich, wie Familie, Tätigkeitsbereiche, Nachbarschaft, kommunaler Raum, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, usw. an- , ausgeleuchtet und ausprobiert bis sich passende Antworten einfinden und die Disharmonien und Inkonsistenzen alltagsverträglich werden, ähnlich wie das Freud formuliert hat: Aus persönlichem Elend muss allgemeines Unglück werden. Obgleich diese Suchbewegung für alle Patienten ähnlich ist, gibt es auch Unterschiede. Im Unterschied zu psychisch kranken Menschen haben wir z.B. für abhängige Menschen den Ansatz: „Auf der Schwelle oder Kippe – fertig – los“ entwickelt, in dem verschiedene Aspekte einfließen, wie die Kunst des rechten Zeitpunktes, die Ambivalenz bei abhängigen Menschen, die im sozialen Feld dekonstruiert und aus-gespielt wird, den sozialen Raum für günstige Gelegenheiten und den Einsatz von Antabus - Disulfiram - als Ermöglichungsmittel. Allen Ansätzen ist jedoch gemeinsam: Sobald der Ort des Lebens Ort Behandlung zur rechten Zeit ist, wird Psychiatrie wirksamer. Wir brauchen eine andere Psychiatrie und wir brauchen ein Entgeltsystem, das die Rechte der Menschen wahrt und den Wandel ermöglicht. Unsere augenblicklichen Strukturen und unser heutiges Entgeltsystem konservieren das Bestehende in einem solchen Ausmaß, dass es die, zu deren Schutz sie geschaffen wurden, gefangen hält und behindert. Dies ist deshalb doppelt tragisch, weil es sowohl die Patienten wie die psychiatrisch Tätigen trifft: Gerade in Bremen wissen fast alle psychiatrisch Tätigen genau, wie eine bessere Psychiatrie aussehen könnte. Ihre Ideen und das damit einhergehende Engagement sind jedoch eingefroren. Ein Reförmchen oder das PEPP reichen da bei weitem nicht aus. Sie zementieren die eingefahrenen Strukturen nur weiter. Ein Rahmensystem ist notwendig, das die derzeitigen Strukturen sprengt und neue Räume mit neuen Verbindungen erschließt. Wir brauchen ein Rahmensystem, das die eingefrorenen Ideen und das erstarrte Engagement im Gefrierschrank der psychiatrisch Tätigen auftauen lässt. Dies ist möglich über eine überindividuelle Pauschale, gekoppelt an ein Versorgungsgebiet, einen Sektor, mit dem Ziel, Unterstützungs- und Hilfesysteme zu kreieren, die Menschen angemessen sind, orientierend ausformuliert in Rechten und ethischen Standards. Die Hebelwirkung einer solchen überindividuellen Gesamtpauschale, aus der die notwendigen Leistungen für den einzelnen Bürger entgolten werden, gekoppelt an ein Versorgungsgebiet (Sektor), ist zweifach: Sie sorgt 1. für Flexibilität, die u.a. für die Umstrukturierung des Krankenhauses und des kommunalen Bereiches, also des gesamten Versorgungsgebietes notwendig ist und sie wirkt 2. perspektivisch auf den Sozialraum ein und aktiviert insbesondere den 3. Sozialraum co-therapeutisch um zu einem fürsorgenden Gemeinwesen. Dadurch wird eine präventive Wirkung auf den Einzelnen und seine Familie, aber auch insgesamt auf das Gemeinwesen entfaltet. Als erster Schritt reicht ein Regionales Budget für den SGB V Bereich aus, jedoch ist im Grunde genommen auch ein Regionales Budget für den SGB XII Bereich erforderlich, wie z.B. in Rostock. Die Eingliederungshilfe muss sich nahtlos an Behandlung anschließen, weil das „Leben im SGB V- Bereich“ im Vergleich mit dem „Leben im SGB XII - Bereich“ relativ kurz ist. In Bremen als Stadtstaat ist so was als Gesamtbudget problemlos zu machen. Ein Home-Treatment-Team macht jedoch noch keinen Sommer und IV-Projekte wirken zu punktuell als dass sie das Potential zu einem nachhaltigen Umbau des psychiatrischen Versorgungsystems hätten, und nicht jede Form von Hometreatment wirkt und nicht jede Region, die ein HT-Team hat, arbeitet effektiv: Untersuchungen in England, 2006 durchgeführt von Glover (Glover G.: 2006), haben ergeben, dass gemeindepsychiatrische Teams, sogenannte Assertive Community- bzw. outreach Teams, nicht dazu beitragen, stationäre Aufnahmen zu vermeiden, im Gegenteil. In Regionen ohne ACT-Teams war der Rückgang von stationären Aufnahmen ausgeprägter als in Regionen mit.
Des Weiteren ist bekannt und durch (schwedische) Untersuchungen bestätigt, dass jedes im Krankenhaus oder in einem Heim freiwerdende Bett durch andere Patienten belegt und nicht abgebaut wird. Ohne Verbindung zum stationären Bereich, kommt es durch Home-Treatment-Teams deshalb zu einer Verdoppelung der Psychiatrie, wie das in den Niederlanden zu besichtigten ist. Dieser Effekt ist zurzeit noch ausgeprägter, weil Bürger in den westlichen Ländern nach A. Ehrenberg verstärkt seit 1980 ihr Unbehagen in Worten ausdrücken, die sie dem psychiatrischen Vokabular entnommen haben. Man kann dadurch schwer zwischen Befindlichkeitsstörungen und Krankheiten unterscheiden. Neben psychisch kranken Menschen entsteht über diesen Mechanismus ein Heer von „gesunden Kranken“. Diese Schwierigkeit wird von vielen Klinken betriebswirtschaftlich ausgenutzt, um Betten einzufordern bzw. aufzustocken. Um sich nicht leichtfertig in diese Reihen miteinzuordnen und um die beschwerliche Suche nach passenden Antworten nicht abzubrechen, weil das Geld allzu verführerisch lockt, ist ein CUT in Form eines „Regionalen Budgets“ hilfreich. Das Regionale Budget ist in dieser Hinsicht eine Sicherung, um Patienten nicht ohne Not Hilflosigkeit beizubringen, wie Martin Seligman das nennt. Ruth Cohn, die Gründerin von TZI (Themenzentrierter Interaktion) geht dabei noch einen Schritt weiter: Menschen zu wenig zu helfen nennt sie Diebstahl, Menschen zu viel helfen, Mord. Das Richtige tun, z.B. die Einrichtung von Home-Treatment-Teams, ist also noch lange keine Gewähr für die „richtige“ Auswirkung: Im günstigsten Fall sind einige Typen unwirksam, im ungünstigsten Fall kommt es zu einer Verdopplung der Psychiatrie mit dem Effekt, Bürgern statt Hilfe Hilflosigkeit beizubringen. Im Kontext eines Regionalen Budgets müssen also Home-Treatment-Teams explizit als Crisis-Resolution-Teams als Mittel eingesetzt werden, um stationäre Behandlungen und damit Exklusion zu vermeiden. Außerdem sollten wir diese Teams mit „Flexibilität“ ausstatten, wie das auch die Niederländer in Rotterdam machen. Eingliederungshilfe sollte sich nahtlos an Behandlung anschließen lassen, was z.B., über eine Hometreatmentpauschale zu machen ist. Über die Kopplung und Verschränkung von Haus-zu-Haus-Besuchen im zuständigen Stadtteil, ergänzt durch Hausbesuche in ambulanten Wohnpflegegruppen, die verbunden sind mit Familien, deren Angehörige in diesen Wohnpflegegruppen wohnen, außerdem unterstützt durch Nachbarn im weitesten Sinn, werden psychiatrisch Tätigen Möglichkeiten der Vernetzung eröffnet, die eigentlich nur noch mit leichter Hand aufgegriffen werden müssen. Dieses speziell psychiatrische Vorgehen wird getragen von einer allgemeinen Entwicklung, die von Opaschowsky, Dörner und anderen als Aktivierung des Sozialraumes bzw. als Renaissance der Nachbarschaft beschrieben wird. Dadurch ergeben sich im Sektor Netzwerkeffekte, die zum gegenseitigen Halt beitragen und allmählich ein neues „Wir“ (Opaschowsky, Dörner) entstehen lassen. Psychiatrie wird dadurch insgesamt wirksamer und als ökonomische Nebenwirkung, kostengünstigster. Post-Psychiatrie zahlt sich also für alle aus, für die Patienten, ihre Familien, das Gemeinwesen, die Kommune. Dies lässt Inklusion entstehen. Und nicht zuletzt fängt für die psychiatrisch Tätigen Psychiatrie wieder an Spaß zu machen. Und für diese Art Psychiatrie gibt es auch schon eine Hymne. Sie stammt von der Gruppe Opus und ist mittlerweile Teil des kollektiven Gedächtnis: „Na, na, na, na, na: live is life!“
PATIENTENINFORMATIE Een prospectief gerandomiseerd, open label, multicentrisch, fase 3 studie om de Duur van de behandeling met Anastrozol te onderzoeken, na 2 tot 3 jaar Tamoxifen als Adjuvante behandeling bij postmenopauzale vrouwen met borstkanker (DATA). Geachte mevrouw, Twee tot drie jaar geleden is bij u borstkanker geconstateerd. U bent daar destijds voor behandeld. Op dit moment kr
Jennifer Parlee Vancouver Island Zone Personal Information: Jennifer Parlee, Grade 3 teacher and Music Specialist at Strawberry Vale Elementary in Victoria, BC, brings nearly 20 years of community service to her candidacy. Jennifer’s passionate commitment to her community began when she became a Big Sister in the 1990’s, and has continued with participation on local municipal